Als erste museale Präsentation der Arbeiten Shinichi Sawadas in Europa zeigt die diesjährige Herbstausstellung des Georg Kolbe Museums 20 keramische Objekte des japanischen Künstlers. Sawadas Werk, das auf der 55. Biennale von Venedig erstmals außerhalb des Kontextes der sogenannten „Outsider Art“ vorgestellt wurde, zeugt von schöpferischer Freiheit und immenser Vorstellungskraft. Sawada ist Autist, sein Atelier Teil einer betreuten Einrichtung der Sozialfürsorge in der Präfektur Shiga, westlich von Kyoto. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat der Künstler dort eine einzigartige Formensprache entwickelt, die dazu einlädt, tradierte Denkweisen zu hinterfragen.
Shinichi Sawadas filigrane Objekte erinnern an fantastische Chimären, dämonische Masken, reich dekorierte Totems, mittelalterliche Ungeheuer oder kunstvolle präkolumbische Artefakte – und entstammen dabei doch sichtbar ihrer ganz eigenen Welt. Kunsthistorischen Konventionen ebenso trotzend wie Kriterien des zeitgenössischen Marktes, scheinen die von spitzen Dornen übersäten Kreaturen des 1982 in Japan geborenen Künstlers die Untiefen des menschlichen Daseins zu spiegeln. In ihrer existenziellen Ursprünglichkeit, mit weit aufgerissenen Augen, gefletschten Zähnen, antennenartig aufgestellten Hörnern und hervortretenden Krallen begegnen sie mal scheu, mal wehrhaft ihrem Gegenüber. Als Gruppe bilden sie eine sinnfällige Einheit – formal aufs Engste miteinander verwachsen und doch aus einem überbordenden Repertoire der Möglichkeiten schöpfend.
Während Sawadas Werk wie ein Ausdruck einer inneren Zwiesprache erscheint, die äußerst eigentümlich und in ihrer emotionalen Präsenz zugleich universell ist, spricht der Künstler selbst nur sehr selten. Als Autist und Autodidakt arbeitet er seit seinem 18. Lebensjahr in einer betreuten Einrichtung der Sozialfürsorge, dem Zentrum Nakayoshi Fukushikai in der Präfektur Shiga, westlich von Kyoto. Nachdem er sich dort zunächst im Sashiko – einer traditionellen japanischen Sticktechnik – versuchte, begann er bald, sich auf die Arbeit mit Ton zu konzentrieren. Sein Talent anerkennend, hat man in der nahen, naturbelassenen Waldlandschaft eine einfache Wellblechhütte mit zwei großen Brennöfen errichtet, die ihm und anderen Keramikern der Einrichtung als Atelier dient. Technisch von jahrtausendealten Traditionen der japanischen Keramikkunst geprägt, finden Sawadas Wesen dort seit bald 20 Jahren völlig intuitiv, ohne jegliches Zögern oder kunsthistorische Bezüge, zu ihrer markanten Form.
Die in Kooperation mit dem Museum Lothar Fischer entstandene Ausstellung im Georg Kolbe Museum zeigt 20 Keramiken Shinichi Sawadas. Als erste museale Präsentation seiner Arbeiten in Europa verfolgt die Werkschau einen inklusiven Ansatz, der zur Diversitätsdebatte im Kulturbetrieb beitragen und Betrachter*innen dazu animieren möchte, bewusste oder unbewusste Grenzziehungen aufzuheben.
Der Katalog zur Ausstellung ist bereits erschienen und für 9 € an der Museumskasse erhältlich.
Zeitgleich zur Werkschau Shinichi Sawadas beginnt im Georg Kolbe Museum die Ausstellung „Moderne und Refugium – Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre“.
- 1. Januar 13:00 - 18:00
- 24. Dezember Geschlossen
- 25. Dezember Geschlossen
- 31. Dezember Geschlossen
Sensburger Allee 25,
14055 Berlin
+49 (30) 304 21 44
+49 (30) 304 70 41
Eintrittspreis 8,00 €
Preis ermäßigt 5,00 €
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre und Mitglieder des Freundeskreises haben freien Eintritt.
Zugehörige Veranstaltung
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