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Kurze Geschichte der Langen Nacht

Lange Nacht der Museen 2019, James Simon Galerie, Staatliche Ballettschule Berlin © Kulturprojekte Berlin. Foto: Oana Popa

Die Idee einer Langen Nacht der Berliner Museen entstand irgendwann im Sommer 1996 – bei einem der regelmäßigen Treffen von Partner für Berlin, der Berliner Agentur für Stadtmarketing, mit Museumsleuten, mit Mitarbeitern der Besucherdienste der Staatlichen Museen zu Berlin und des Museumspädagogischen Dienstes, einer nachgeordneten Dienststelle des Berliner Kultursenats. Erste Gespräche waren aufseiten der Museumsdirektoren von großer Skepsis geprägt, einerseits wegen des Argwohns gegenüber »Museumsevents«, also Veranstaltungen, die über das Eröffnen von Sonderausstellungen oder abendliche Führungen hinausgehen, andererseits vor allem wegen der zunächst völlig unklaren Finanzierung eines derartigen Großereignisses.

Volker Hassemer, damals Geschäftsführer von Partner für Berlin, überzeugte in unzähligen Treffen mit unendlicher Geduld nicht nur die Direktoren, sondern auch das Personal der Museen von der Idee. Damit konnte die eigentliche Planung beginnen. In den 1990er-Jahren mussten nahezu sämtliche Sonderveranstaltungen in Museen fremdfinanziert werden. Insofern war die skeptische Haltung durchaus verständlich.

Die Pläne für die Lange Nacht folgten einer einfachen Überlegung: Wenn man eine gewisse Zahl von Museen davon überzeugen könnte, mitzuwirken und die Kosten für die außerplanmäßige Öffnung selbst zu tragen, dann bräuchte man nur noch eine überschaubare Summe für kulturelle Programme in den Museen, Sonderbuslinien zwischen den teilnehmenden Häusern, Drucksachen sowie für Helfer, die die Besucher mit Auskünften und Ratschlägen unterstützten. Ein gewisser Betrag – speziell für eine solch innovative Unternehmung – ließ sich aller Erfahrung nach von Sponsoren auftreiben und der Rest müsste durch den Verkauf von Tickets zu erzielen sein.

Der Plan funktionierte eindrucksvoll. Und so standen am frühen Morgen des 16. Februar 1997 – am Ende einer regnerischen, kalten Langen Nacht mit zwölf teilnehmenden Museen, zwei Busrouten und 23.000 gezählten Besuchern – ein paar Leute in der Cafeteria des Bauhaus-Archivs zusammen und waren sich sicher: Die nächste Lange Nacht gibt’s im Sommer! Die Idee der Langen Museumsnacht besteht bis heute grundsätzlich aus zwei Komponenten: Dem Publikum wird eine attraktive Möglichkeit geboten, die Berliner Museumslandschaft mit ihren rund 200 Museen, Ausstellungshäusern und Gedenkstätten besser kennenzulernen. Und die Museen erhalten die Gelegenheit, mit einer kreativ beworbenen, weithin beachteten Veranstaltung für sich selbst zu werben und neue Besucherkreise zu erschließen.

Die Museen hatten damals – und teils bis heute – ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu Großveranstaltungen, die auf ein weitgehend unbekanntes, unspezifisches Publikum zielen. Auf der einen Seite steht die Hoffnung, mehr Öffentlichkeit, mehr Aufmerksamkeit und nicht zuletzt mehr und vor allem neue Besucher zu erreichen. Auf der anderen Seite gab es Befürchtungen, die Museen würden angesichts der vielfältigen Veranstaltungen mit ihren Ausstellungen, ihren Objekten, ihrer inhaltlichen Spezifik in den Hintergrund geraten. Lassen sich Events dieser Art mit den klassischen Aufgaben eines Museums – Sammeln, Bewahren, Forschen, Präsentieren und Vermitteln – vereinbaren?

Diese Frage lässt sich nach mittlerweile 39 Langen Nächten eindeutig mit Ja beantworten. Es zeigte sich, dass das selbstbestimmte Auswählen von Inhalten, das an einem solchen Abend möglich und sogar erforderlich ist, aber auch das konsequente Verfolgen eigener Interessen überzeugende Alternativen zu den klassischen Angeboten der Museumspädagogik sind. Im besten Fall sammelt man hier Anregungen für einen vertiefenden Besuch in einem bestimmten Museum zu einer Zeit, wenn es nicht so voll ist. Dass die Lange Nacht der Museen nach ihrem Start vor 25 Jahren eine derartige Erfolgsgeschichte werden würde, hat letztlich alle Beteiligten überrascht. Innerhalb weniger Jahre stieg die Zahl der verkauften Tickets auf über 50.000, insgesamt sind es über eine Million, und die Anzahl der Städte, die das Format aufgegriffen haben, beläuft sich mittlerweile auf etwa 200.

Der Erfolg der Langen Nacht brachte einzelne Museen schon sehr bald auf den Gedanken, selbst Veranstaltungen außerhalb der regulären Öffnungszeiten anzubieten – Freiluft-Filmabende, Konzerte, kleine Festivals. So wuchs im Laufe der Zeit speziell in Berlin die Anzahl ähnlicher Angebote, was dazu führte, dass das Publikum der Langen Nacht von Jahr zu Jahr abnahm. Es ist ein großartiges Ergebnis, dass sich die Museen seit geraumer Zeit in einer neuen Vielfältigkeit präsentieren – für das Original, die Berliner Lange Nacht der Museen, bedeutet dies jedoch, dass sie gewissermaßen neu erfunden werden muss, um ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Erste Versuche mit Rückbesinnung auf die originären Stärken der Museen und ihrer Sammlungen wurden schon unternommen: Direktorinnen, Direktoren, Kuratorinnen und Kuratoren geben Informationen aus erster Hand, Hintergrundwissen zu aktuellen Sonderausstellungen, ausgewählten Exponaten sowie, wo man es einrichten kann, Einblicke in Depots und Archive. Weitere Ideen sind gefragt, und das Lange-Nacht-Team ist schon auf einem guten Weg. Vielleicht trifft man sich ja dazu – wenn man an die Magie von Orten glaubt – noch einmal in der Cafeteria des Bauhaus-Archivs, es muss ja nicht unbedingt nach einer regnerischen, kalten Langen Nacht sein.

Text: Wolf Kühnelt
Museumsexperte und Kulturmanager
von 1996 bis 2013 Projektleiter der Langen Nacht der Museen

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