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Zwischen Welten

Über die Jahrhunderte kamen Menschen aus aller Welt aus verschiedensten Gründen nach Berlin und Brandenburg. Sie kamen, um zu bleiben, oder verließen die Region wieder. Viele Museen erzählen vom Weggehen und Ankommen – und davon, wie Migration unser Zusammenleben auch in Zukunft prägen wird. Die Übersicht ist im Museumsjournal 4/2021 erschienen. 

In der ständigen Ausstellung
© Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Foto: Markus Gröteke
Ausstellungsansicht der Dauerausstellung im Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung. Ein Teddybär in einer Vitrine, daneben Bilder und Plakate.

Vom Schmerz, die Heimat zu verlieren

Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Der Lern- und Erinnerungsort eröffnete im Sommer 2021 als Teil einer neuen Erinnerungslandschaft. Politisch, ethnisch und religiös begründete Zwangsmigrationen im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus stehen im Mittelpunkt der Dauerausstellung, mit vielen Bezügen zur Gegenwart. Ein Fokus liegt auf der Flucht und Vertreibung der Deutschen im europäischen Kontext der Geschichte des Zweiten Weltkrieges und ihrer anschließenden Integration in West- und Ostdeutschland. An Medienstationen kann man in den Beständen und externen Datenbanken zur Familienforschung recherchieren.

Französischer Dom mit dem Hugenottenmuseum
Französischer Dom mit dem Hugenottenmuseum. Creative-Commons-Lizenz, Foto: Berthold Werner
Farbfoto vom Französischen Dom mit dem Hugenottenmuseum auf dem Gendarmenmarkt.

Willkommen anno 1685

Hugenottenmuseum

Als 1685 die Verfolgung und Unterdrückung der Hugenotten einen neuen Höhepunkt erreicht, entschließt sich der protestantische Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, um die französischen Glaubensgenossen zu werben. Mit dem Edikt von Potsdam, das als Toleranzedikt in die deutsche Geschichte einging, versichert er ihnen Glaubensfreiheit und stellt zahlreiche Privilegien in Aussicht. Ganz uneigennützig ist das nicht – nach den immer noch wirksamen Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges erhofft er sich wirtschaftlichen Aufschwung. Etwa 20000 Hugenotten finden in der Folge in Brandenburg eine neue Heimat. Sichtbarstes Zeichen dieser neuen Bevölkerungsgruppe in Berlin ist der französische Dom. Er beherbergt das Hugenottenmuseum, das nach Sanierung und Neukonzeption der Dauerausstellung im Herbst wiedereröffnet hat. Es betrachtet die Geschichte der Hugenotten in Berlin und Brandenburg von den Anfängen bis heute.

Villa Global – The Next Generation
Villa Global – The Next Generation, Foto: Museen Tempelhof-Schöneberg/Jugend Museum
Acht Jugendliche unterschiedlicher Herkunft und Hautfarbe – die nächste Generation – auf der Treppe in der Villa Global.

Nachbarn aus aller Welt

Schöneberg Museum / Jugend Museum

Der Name ist Programm: »Villa Global« heißt die Ausstellung des Jugend Museums der Museen Tempelhof-Schöneberg. Sie ist Abschluss des Modellprojekts »Heimat Berlin«, für das das Museumsteam drei Jahre mit 1600 Kindern und Jugendlichen zu Migrationsgeschichte und Vielfalt gearbeitet hat. In 14 Zimmern trifft man etwa auf Kinder und Rapper, Journalistinnen und Träumer, die in Videointerviews von sich erzählen und auch die Räume eingerichtet haben.

Nachbau des Einstiegs des „Tunnel 29“ im Maßstab 1:1
Nachbau des Einstiegs des „Tunnel 29“ im Maßstab 1:1. © Berliner Unterwelten e.V., Foto: Holger Happel
Die Abbildung zeigt den Nachbau eines Einstiegs zum „Tunnel 29“ im Maßstab 1:1.

Dunkle Geheimnisse

Berliner Unterwelten

Streng bewachte Grenzen lassen sich, wenn überhaupt, am Besten im Verborgenen überwinden. Zahlreiche Fluchttunnel wurden in den Boden des geteilten Berlins gegraben. Allein in der Bernauer Straße gab es sieben dieser unterirdischen Bauwerke. Der Verein Berliner Unterwelten führt an die authentischen Orte, unter anderem an den einzigen öffentlich zugänglichen Fluchttunnel.

Neues Museum, Römischer Saal, Ausstellung „Roms Provinzen“
„Roms Provinzen“ im Neuen Museum, Foto: Achim Kleuker
Eine Ansicht des Raums „Roms Provinzen“ im Neuen Museum.

Der Mensch ein Migrant

Museum für Vor- und Frühgeschichte

Die ältesten Exponate zum Thema finden sich wohl im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Vor der Sesshaftwerdung war der Mensch ein Wanderer durch die Welt, auch danach blieb er mobil. Funde aus römischen Provinzen und der Zeit der Völkerwanderung zeugen von Ortswechseln im großen Stil.

Pfirsichkern-Amulett eines syrischen politischen Häftlings
Das von ihm geschnitzte Pfirsichkern-Amulett schenkte der syrische politische Häftling Fadil Al Saokal seinem Bruder im Libanon. Dieser brachte es nach seiner Flucht 1990 mit ins Exil nach Berlin-Neukölln. © Friedhelm Hoffmann / Museum Neukölln

Kiezgeschichten

Museum Neukölln

Berlins Kieze und Bezirke sind von ihrer spezifischen Mischung von Menschen aus aller Welt geprägt. Museal findet dies in den regionalen Häusern ein Echo. So erzählen etwa in der Ausstellung »99 x Neukölln« im Museum Neukölln einige der Objekte ganz persönliche Geschichten von Auswanderung und neuer Heimat. Auch in der Ausstellung »Museum des Lebens«, die sich der Erinnerung an Verstorbene widmet, scheint das Thema auf.

Der Fluchtkoffer des Ehepaars Dubrow als Denkmal
Das Ehepaar Dubrow floh 1953 aus der DDR. Ihr Fluchtkoffer steht als Erinnerung an das Schicksal von rund vier Millionen Menschen als Denkmal vor dem ehemaligen Notaufnahmelager. © ENM – Andreas Tauber
Das Ehepaar Dubrow floh 1953 aus der DDR. Ihr Fluchtkoffer steht als Erinnerung an das Schicksal von rund vier Millionen Menschen als Denkmal vor dem ehemaligen Notaufnahmelager.

Deutsch-deutsche Fluchten

Notaufnahmelager Marienfelde

Wer die DDR Richtung West-Berlin verließ, kam als erstes hierhin, um das bürokratische Verfahren zu durchlaufen – ins Notaufnahmelager Marienfelde. Nachdem die DDR die Staatsgrenze zur BRD gesichert hatte, blieb vielen nur der Weg über Berlin. Schon drei Jahre nach der Eröffnung des Lagers 1953 wurde der einmillionste Flüchtling aufgenommen. Der Bau der Mauer beendete die massenhafte Auswanderung, erst in den 1980er-Jahren stieg die Zahl der Ausgereisten wieder an. Im ehemaligen Haupthaus des Notaufnahmelagers befindet sich die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Exponate und Zeitzeugenberichte erzählen von Flucht und Neuanfang zwischen 1949 und 1990.

Aus dem fotografischen Essay „ZERHEILT“ von Frédéric Brenner, Jüdisches Museum Berlin
Aus dem fotografischen Essay „ZERHEILT“ von Frédéric Brenner, Jüdisches Museum Berlin
Ein Farbporträt eines jüdischen Mannes aus dem fotografischen Essay „ZERHEILT“ von Frédéric Brenner.

Berlin als Diaspora

Jüdisches Museum

Im Jüdischen Museum ist Verfolgung, Flucht und Exil in allen Bereichen ein bedeutender Themenkomplex. Während in der Dauerausstellung »Jüdische Geschichte und Gegenwart in Deutschland« besonders der Holocaust einen breiten Raum einnimmt, blickt Frédéric Brenner in der aktuellen Schau »Zerheilt« mit seinen Fotografien auf das heutige Berlin. Er porträtiert etwa Neuankömmlinge, Alteingesessene, Konvertiten und Zuwanderer und hinterfragt damit Stereotype. Ein Akademieprogramm des Museums widmet sich fortlaufend aus verschiedenen Blickwinkeln den Themen Migration und Diversität.

Jüdische Displaced Persons am Bahnhof Wannsee
Jüdische Displaced Persons am Bahnhof Wannsee. © United States Holocaust Memorial Museum # 04558, courtesy of Lucy Gliklich Breitbart
Fünf junge Displaced Persons warten am Bahnhof Wannsee und sitzen dabei auf einer Bank.

Die jüdischen Geretteten

Tempelhof Museum

Geschätzt 10,8 Millionen Menschen waren nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland fern ihrer Heimat. Unter diesen sogenannten Displaced Persons waren auch viele Juden, die den Holocaust überlebt hatten, allein in Berlin mehrere zehntausend. Sie nannten sich selbst »der Rest der Geretteten«. Die Ausstellung »Unser Leben« stellt vom 3. November 2021 bis 31. Januar 2022 insbesondere mit Selbstzeugnissen die Geschichte der drei größeren Berliner Durchgangslager vor, in denen diese Menschen zunächst Zuflucht fanden. Sie ist ab Eröffnung auch im Onlinearchiv we-refugees-archive.org zu sehen.

Naoya Hatakeyama, „Slow Glass #066“ (Detail), 2001
Naoya Hatakeyama „Slow Glass #066“ (Detail), 2001. © Naoya Hatakeyama
Zu sehen ist eine Farbfotografie, die durch eine von Regentropfen getönte Glasscheibe aufgenommen wurde.

Eingewanderte erinnern sich

Haus der Kulturen der Welt

Das Haus der Kulturen der Welt fragt, welche Formen des Erinnerns in heutigen Einwanderungsgesellschaften nötig sind. Eine Antwort gibt das Oral-History-Projekt »Archiv der Flucht« bereits. Menschen, die in den letzten siebzig Jahren nach Deutschland eingewandert sind, berichten in filmischen Interviews von ihrem Leben, ihren Erfahrungen und Erkenntnissen und erzählen gemeinsam eine Geschichte unseres Landes. Vom 30. September 2021 bis 3. Januar 2022 ist das Archiv als Installation im HKW zugänglich, online ist es ab Eröffnung dauerhaft zugänglich.

Das Haus Nummer 2 mit dem Museum in der Siedlung Alexandrowka.
Das Haus Nummer 2 mit dem Museum in der Siedlung Alexandrowka. © Dr. Michael Bauer
Eine Farbfotografie vom Haus Nummer 2 mit dem Museum in der Siedlung Alexandrowka.

Ein Stück Russland in Potsdam

Museum Alexandrowka

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft – auch und gerade zwischen europäischen Herrscherhäusern. Dass durchaus Untertanen als leibhaftige Überlassungen herhalten mussten, davon zeugt die russische Kolonie in Potsdam. Die russischen Kriegsgefangenen, die als Chor das preußische Heer unterhalten hatten, überließ Zar Alexander I. nach dem gemeinsamen Bündnis großzügig dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. für sein Garderegiment. Der beauftragte seinen Gartendirektor Peter Joseph Lenné mit dem Entwurf einer Kolonie für die Zwangsausgewanderten. In der hippodromförmigen Anlage wurden Blockhäuser im russischen Stil errichtet, umgeben von Gärten. Auf dem nahegelegenen Berg entstand eine Kirche. In einem der bis heute erhaltenen Häuser erzählt das Museum Alexandrowka die ungewöhnliche Geschichte der nach dem Zaren benannten Siedlung und ihrer Bewohner.

Gedenktafel im Böhmischen Dorf, Foto: Museum im Böhmischen Dorf
Gedenktafel im Böhmischen Dorf

Rixdorfer Eingemeindung

Museum im Böhmischen Dorf

Wie sein kurfürstlicher Namensvetter zeigt sich auch König Friedrich Wilhelm I. offen für Glaubensflüchtlinge. Nach der Rekatholisierung Böhmens durch die Habsburger Mitte des 17. Jahrhunderts sahen sich viele Protestanten gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. 1737 siedelten sich 350 von ihnen auf Einladung des Königs in Rixdorf an, das geteilt wurde und nun aus Böhmisch- und Deutsch-Rixdorf bestand. Das kleine Museum im Böhmischen Dorf in der ehemaligen Schule gibt Einblick in die Entwicklung und das Leben im Dorf, aber auch in die Herrnhuter Brüdergemeine, der die Gläubigen hier angehörten.

Ortsgespräche
Ortsgespräche. © Ellen Röhmer/FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum
Ein Tablet und ein Smartphone liegen auf einem Stadtplan Berlins.

Neuberliner und ihre Stadt

FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum

In seiner partizipativ entstandenen Ausstellung »Ortsgespräche – Ferngespräche – Ortsgeschichten« präsentiert das FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum Migration als integralen Bestandteil der Stadtgeschichte. Über ein Smartphone eröffnen langjährige Bewohner und Neuberliner ihre Perspektive auf verschiedene Orte des Bezirks.

Entwurf von Dorte Mandrup für das Exilmuseum Berlin, Rendering
Entwurf von Dorte Mandrup für das Exilmuseum Berlin, Rendering. © Dorte Mandrup/MIR
Ein farbiger Entwurf von Dorte Mandrup für das Exilmuseum Berlin, Rendering.

Letzte Abfahrt Anhalter Bahnhof

Exilmuseum

Nur eine Ruine zeugt noch von dem einst so frequentierten Anhalter Bahnhof, von dem aus so viele Menschen dem Deutschland der Nationalsozialisten entflohen. In den nächsten Jahren soll hier auf Initiative der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und des Auktionshausgründers Bernd Schultz und nach dem Entwurf der dänischen Architektin Dorte Mandrup das Exilmuseum entstehen, das den Portikusrest als größtes Ausstellungsstück einbezieht. Die Eröffnung ist für 2025 geplant. Mit den großartigen Aufnahmen von Stefan Moses und Barbara Klemm, die deutsche Exilanten porträtierten, hat das Museum bereits erste Schenkungen erhalten.

Kuscheldöner, 2003 I
Kuscheldöner, 2003. Dönerimitation aus weichem Plüsch zu Werbezwecken. © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen, Foto: Ute Franz-Scarciglia
Dönerimitation aus weichem Plüsch zu Werbezwecken. Fladenbrot aus beigefarbenem Plüsch bestehend, Tomaten, Salat, Zwiebeln und Rotkohl sind aus farbentsprechendem Bastelfilz in den Plüsch eingenäht.

Austausch und Migration

Museum Europäischer Kulturen

Auch im Museum Europäischer Kulturen ist das Thema virulent. »Kulturkontakte«, so der Titel der Dauerausstellung, gab es in Europa vor allem durch Migration und Handel. Der Fokus liegt auf gesellschaftlichen Bewegungen und nationalen Abgrenzungen, auf der gegenseitigen Beeinflussung von Menschen unterschiedlicher Herkunft. So thematisiert die Ausstellung etwa, wie sich der Döner als lokale Erfindung eines Arbeitsmigranten zu einem globalen Fast-Food-Hit entwickelte.

Eine Gruppe spanischer Flüchtlinge im Lager im französischen Gurs
Eine Gruppe spanischer Flüchtlinge im Lager im französischen Gurs, Foto: Amicale de Gurs
Eine originale Schwarz-Weiß-Fotografie zeigt eine Gruppe spanischer Flüchtlinge im Lager im französischen Gurs.

Schicksal der Rotspanier

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit

Als General Franco 1939 im Spanischen Bürgerkrieg ganz Katalonien besetzt hatte, flohen etwa 450000 Angehörige der republikanischen Streitkräfte und Zivilisten nach Frankreich. Sie wurden in Lagern interniert und erst vom Vichy-Regime, später von den deutschen Besatzern zur Zwangsarbeit gepresst. Die Ausstellung »Rotspanier« im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit stellt das Schicksal dieser Verfolgten bis Januar 2022 vor.

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